Zur Historie
Die Geschichte des Rektorhauses - einschließlich seiner Sanierung
Während des 1. Weltkrieges wurde den Ottersberger Bürgern die Genehmigung erteilt, eine neue Schule zu bauen, da die alte wegen des hygienischen und räumlichen Zustandes nicht mehr den Anforderungen der Zeit entsprach.
Der Kreisbaumeister Engelhardt ließ nunmehr für die Gemeinde Ottersberg ein neues fünfklassiges Schulhaus mit einem angrenzenden Rektorwohnhaus errichten.
Das Objekt war 1914 bezugsfertig und für die damalige Zeit ein imposantes, im ausgehenden Jugendstil erbautes, wunderschönes Ensemble, welches wegen seines ortsbildprägenden Charakters weit über die Grenzen Ottersbergs als beispielhaft galt.
Das Rektorhaus hatte schon zu dieser Zeit eine, in unserem ländlichen Raum sicher noch nicht übliche, Zentralheizung, zwei Wasserspültoiletten und ein Badezimmer mit einem Wannenbad. Diese Einrichtungen waren bis zuletzt funktionstüchtig. Außerdem hat das Haus einen völlig trockenen Keller, im Erdgeschoss eine geräumige Küche, eine Speisekammer, drei Wohnräume und einen Flur. Von dort führt eine solide, stabile Holztreppe in das Obergeschoss. Hier gibt es außer dem schon erwähnten Badezimmer ebenfalls drei Wohn- bzw. Schlafräume. Mit einer Leiter gelangt man auf den Dachboden. Das mit roten Ziegeln versehene Dach wurde vor ca. 8 Jahren neu eingedeckt.
Ottersberger Schule und Rektorhaus, 1958
In dem Haus wohnten während ihrer Dienstzeit (von 1918 bis 1994) fünf Rektoren mit ihren Familien. Nachdem der letzte Rektor, Herr Scheibe, 1994 auszog, wurde von der Gemeindeverwaltung eine siebenköpfige, kurdische Familie für ca. 4 Jahre dort untergebracht. Seitdem stand das Haus leer. Am 27.5.1999 wurde aus angeblich finanz- und konzeptionellen Gründen der Abriss des Rektorhauses beschlossen.
Die Nutzfläche des Hauses beträgt:
- im Kellergeschoss: 43,44 qm
- im Erdgeschoss: 95,36 qm
- im Obergeschoss: 76,63 qm
- im Dachboden: 14,22 qm
Insgesamt: 229,65 qm
Nach Bekanntwerden dieses Beschlusses in der Öffentlichkeit bildete sich eine Bürgerinitiative, die in ganz kurzer Zeit ca. 1.000 Unterschriften für den Erhalt des Hauses sammelte. Diese Unterschriftenliste wurde dem Bürgermeister zwecks Weitergabe an die Ratsherren übergeben. Diese Aktion zeigte aber keine Wirkung. Dennoch formierte sich am 21. September 99 ein Trauerzug mit etwa 300 Ottersberger Bürgern, um mit bewegenden kulturellen Beiträgen Abschied vom Rektorhaus zu nehmen. Eine Lichterkette mit 1.000 Lichtern, eines für jede Unterschrift, verband das Rektorhaus mit dem Rathaus, vor dem Trauer und Zorn über die Nichtbeachtung des Bürgerwillens ihren Ausdruck fanden. Trotz eines überregionalen Medienechos blieb die Politik bei ihrem Abrissbeschluss.
Gründung des Kulturvereins
Dennoch gründete sich, trotz aller Fehlschläge, im Oktober 1999 der „Ottersberger Kulturverein im Rektorhaus e.V.“.
Dieser Verein, bestehend aus Menschen aller gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Kreise des Ortes, hat sich die Förderung und Pflege der örtlichen und regionalen Kultur (Bilderausstellungen hiesiger Künstlerinnen, Lesungen, Trachtenforschung, Zusammenkünfte, Musik) und die Verschönerung des Ortes bzw. die Erhaltung wertvoller Bausubstanz (Rektorhaus) zur Aufgabe gemacht.
Die Mitglieder sammelten in der Bevölkerung Zusagen und Einverständniserklärungen für Geld- und Sachspenden für die Renovierung. Ein Nutzungskonzept für das Haus wurde erarbeitet und vorgelegt. Der Verein lebte weiter zwischen Hoffen und Bangen bis zur Gemeinderatssitzung am 8. Juni 2000.
An diesem Tag sollte endgültig über das Schicksal des Hauses entschieden werden. Und das fast unmöglich Erscheinende geschah. Nach der Abstimmung durch den Rat stand fest: Das Rektorhaus bleibt stehen!
Wir konnten zwischenzeitlich Herrn Bürgermeister Gerhard Behrens von unserer Idee und dem Zugewinn für den Ortskern überzeugen und fanden in ihm einen Befürworter für den Erhalt des Hauses.
Hierfür bedanken wir uns an dieser Stelle ganz herzlich.
Vorher (September 1999)
Nachher (April 2002)
Unser Verein entstand aus einer Bürgerinitiative
27. Mai 1999
Gemeinderat Ottersberg beschließt den Abriß des Rektorhauses (am Schulgebäude).
Nach dem Beschluss und vielen Leserbriefen in den Zeitungen, werden die Bürger aktiv und treffen sich jeden Montag am „Runden Tisch“ um den Abriss zu verhindern. Regelmäßig 20- 30 Personen, die unterschiedlicher nicht sein konnten – aber alle mit dem gleichen Ziel: Erhalt des Rektorhauses.
Die Initiative für den „Runden Tisch“ kam mit von dem damaligen Rektor Wolfgang Ramke, der das Lehrerzimmer zur Verfügung stellte!
Juli - August 1999
Unterschriften für den Erhalt des Rektorhauses werden gesammelt.
28. August 1999
Der Fischerhuder Maler Christian Modersohn schreibt an den Gemeinderat
September 1999
Der Abrißauftrag ist bereits von der Gemeinde erteilt worden.
21 . September 1999
Beerdigungsfeier wird organisiert.
Das Rektorhaus (nachgebaut aus Pappe) wird symbolisch zu Grabe getragen. Mit einer Lichterkette bis zum Rathaus, wo dem Bürgermeister die Unterschriften, gegen den Abriss, übergeben wurden (zu dieser
Trauerfeier spendeten die örtlichen Bäcker Butterkuchen und die Gärtnereien Trauerkränze). Das Fernsehen von Radio Bremen hat es sich nicht nehmen lassen und war auch mit einem Kamerateam vor Ort. Eine ausführliche Reportage gab es dann in „buten & binnen“.
Der Fischerhuder Maler Christian Modersohn schreibt zum zweiten Mal an den Gemeinderat.
04. Oktober 1999
Bürgerinitiative gründet den Ottersberger Kulturverein im Rektorhaus e. V. als Ansprechpartner für die Gemeindeverwaltung.
13. Oktober 1999
Es werden Spenden-Bausteine gesammelt
1. Dezember 1999
Erarbeitetes Nutzungskonzept an den Bürgermeister übergeben
Februar 2000
Einen Tag vor seiner Pensionierung verstarb der Rektor Wolfgang Ramke, der eine führende Persönlichkeit bei der Bürgerinitiative war. Der Kampf mit der Gemeinde wird noch härter.
April 2000
Finanzierungs- und Nutzungskonzept beim Flecken Ottersberg eingereicht.
8. Juni 2000
Öffentliche Ratssitzung: ,,Das Haus bleibt stehen !“
(über 100 Bürger jubelten auf der Ratssitzung).
Am Ende der Sitzung wird die Öffentlichkeit gebeten, den Saal zu verlassen:
Die SPD kündigt die Zusammenarbeit mit dem Bündnis 90 / Die Grünen (alles wegen des Rektorhauses ). Wilfried Middendorf von den Grünen schrieb zur Einweihung in unser Gästebuch: Dieses Haus war es wert, dass Rot/Grün gebrochen ist!
Fast ein Jahr vergeht
Mit überarbeiten des Finanzierungs- und Nutzungskonzepts
Der Flecken Ottersberg gibt dem Verein 150.000,00 DM (2/3) zur Renovierung des Hauses, 1/3 muss der Verein in Eigenleistung erbringen.
Mai 2001
Wir bekommen die Baugenehmigung!
Alle werden wieder mobil gemacht, jetzt kann die Renovierung des Hauses beginnen.
09. Juni 2001
Jeden Samstag wird nun gearbeitet von 9 – 15 Uhr
(manchmal auch länger)
Jeden Montag Baukreissitzung unter der Leitung von Prof. Dipl.-Ing. Peter Bartram (Pläne werden erstellt. Wer was besorgt? Wer was macht? Wer kocht?)
Zusätzlich noch wöchentliche Vorstandssitzungen bis in die Nacht. Ottersberger Bürger/innen kochten kostenlos jeden Samstag für mindestens 20 Helfer und am Nachmittag gab es zum Abschluss immer Kaffee und Kuchen.
August 2001
Das komplette Dach wurde abgedeckt und 2 Wochen später wieder eingedeckt und alles in Eigenarbeit
September 2001
Tag der offenen Tür mit 500 Besuchern
08. Juni 2002
Ein Jahr harte Arbeit, das Haus ist fertig renoviert. Es gibt eine riesige Einweihungsfeier.
Mit Zirkuszelt und vielen verschiedenen Aktionen.
Jeder, der hier mitgearbeitet hat, wird heute vor Stolz ein bisschen größer (wir werden mit Komplimenten überhäuft). Während der Bauphase gab es mehrere Ehekrisen, weil sich auch zu Hause alles um das Rektorhaus drehte – aber spätestens heute waren alle stolz aufeinander und aller Streit vom letzten Jahr war vergessen und wir feierten ein tolles Fest.
Alle nicht mitwirkende hatten gedacht, die kriegen so viel Geld und nehmen ein bisschen Farbe, paar Tapeten und neuen Teppichboden. Türen und Fenster wurde abgebeizt und neu gestrichen.
Falsch gedacht! Das Haus wurde von Grund auf neu renoviert. Alle Tapetenschichten wurden gelöst, alte Friese wurden neu rekonstruiert und die alten Dielenfußböden wurden abgeschliffen und neu eingeölt.
Und eigentlich kann man sagen: dass wir an Eigenleistung das Gleiche gegeben haben, wie der Flecken Ottersberg in D-Mark.
Heute
Steht das Haus den Ottersberger Bürgerinnen und Bürger zur Nutzung zur Verfügung
Es wird eine geringe Nutzungsgebühr erhoben, da wir für die Strom- und Wasserkosten aufkommen müssen.
Hier finden Ausstellungen, Lesungen, Seminare, Vorträge und vieles mehr statt. Kleine Maigruppen und Vereine treffen sich hier auch.
Das Obergeschoss hat die Gemeinde an die regionale Lehrerfortbildung (Verden-Osterholz-Rotenburg) fest vermietet.
Mitgliedschaft
Werden Sie Mitglied im Ottersberger Kulturverein im Rektorhaus e.V.
Der Vorstand des Kulturvereins
Satzung
Hier können Sie die Satzung des Ottersberger Kulturverein im Rektorhaus e.V. einsehen.