Es geschah am helllichten Tag
Vor 80 Jahren wurden in Eckstever zwei jugendliche Soldaten der Wehrmacht hingerichtet
Am 27. April 1945 um 18 Uhr erschossen Einheiten der Wehrmacht in Eckstever zwei 18-jährige Kameraden nach einem hastigen Kriegsgerichtsverfahren als Deserteure.
Alfred Schmidt und Heinz Kehne befanden sich auf einem Marsch ihrer Einheit aus der Verdener Gibraltar-Kaserne in Richtung Norden. Der Krieg war für sie und ihre Kameraden eigentlich zu Ende, wenngleich die Kriegshandlungen in unserem Heimatgebiet noch wenige Tage andauern sollten. Seit dem 22. April konnte man die vordringenden britischen Geschütze täglich hören.
Schmidt und Kehne entfernten sich von ihrer Truppe, besorgten sich Zivilkleidung und begaben sich auf den Weg in ihre Heimat. In der Nähe von Ahausen halfen sie einem Sanitäter beim Verwundetentransport. Dieser identifizierte sie sofort als Deserteure, weil sie noch immer die Wehrmachtsstiefel trugen. Ein auf die Schnelle einberufenes Feldgericht verurteilte sie in der Schule in Bötersen zum Tode. Der vorsitzende Militärrichter hielt sich an die Worte Hitlers: Als Soldat kann man sterben, als Deserteur muss man sterben. Das jugendliche Alter der Angeklagten und die Tatsache, dass jegliche Kriegsaktion zu diesem Zeitpunkt längst sinnlos war, spielte für diesen Juristen keine Rolle.
Nach dem Todesurteil wurden Heinz Kehne und Alfred Schmidt zur Exekution nach Eckstever verbracht, wo sich die letzte Wehrmachtseinheit im Heimatgebiet eingerichtet hatte. Die letzte Nacht verbrachten sie in einem Schuppen, der noch heute dort steht. Zeitzeugen erzählen, dass sich die eingeteilten Wachtposten der Jugendlichen erbarmten und den Schuppen unverschlossen ließen. Diese nahmen die erlösende Gelegenheit zur Flucht aber nicht an, wohl weil sie befürchteten, man wolle sie zur Flucht locken und schnell beseitigen. Am nächsten Tag, 48 Stunden vor dem Einmarsch der Briten, wurden sie am 27. April auf einer Wiese erschossen und dort flüchtig verscharrt.
Der Ottersberger Sozialdemokrat August Siegesmund, der sich auf seine Parzelle in Eckstever zurückgezogen hatte, nahm mit weiteren Helfern eine Umbettung auf den Otterstedter Friedhof vor. Er war es auch, der die Eltern der beiden Exekutierten per Brief benachrichtigte.
Der Verdener Lehrer Dr. Joachim Woock veranlasste mit einer Schülergruppe 2013 die Verlegung zweier Stolpersteine in Gedenken an das Schicksal von Alfred Schmidt und Heinz Kehne. Die Geschichtswerkstatt im Ottersberger Rektorhaus hat die Pflege übernommen und will das Andenken an das unfassbare Geschehen vor 80 Jahren bewahren. Gemeinsam mit der Stolpersteininitiative Fischerhude findet deshalb eine Gedenkveranstaltung statt:
Ort: Stolpersteine in Eckstever
Zeit: Montag, 28. April 2025 um 11 Uhr
Veranstalter: Geschichtswerkstatt des Ottersberger Kulturverein im Rektorhaus e.V.
und die Stolpersteininitiative Fischerhude